Fragen an Marc Lee

Bundestagswahl - Meinungskampf in den Sozialen Medien

In den internationalen Wahlkämpfen der vergangenen Monate haben sich die Anhänger der gegnerischen Parteien in den sozialen Netzwerken heftigste Bildgefechte geliefert. Facebook, Instagram, Youtube und andere Dienste sind zum digitalen Marktplatz der politischen Auseinandersetzung geworden. Die Online-Arbeit Bundestagswahl des Schweizer Medienkünstlers Marc Lee (*1969, Eglisau) führt die Eigendynamik eines
über Social Media befeuerten Wahlkampfs als überspitztes Theater vor Augen. Für die Biennale für aktuelle Fotografie hat Lee einen so genannten Bot programmiert, eine Software also, die aktuellste Twitter-, Instagram- und Youtube-Meldungen nach den Parteien und SpitzenkandidatInnen der Wahl zum deutschen Bundestag filtert. Die Meldungen verwebt der Bot zu einer wilden Live-TV-Sendung, in der Bilder, Tweets und Videos in Echtzeit über den Bildschirm flimmern und Icons in den Farben der Kombattanten deren aktuellen Online-Marktwert anzeigen.

Ein Blick über die Grenzen der eigenen Echokammern und Filter-Bubbles hinaus, zu sehen ab 9. September als Installation in der Ausstellung Kein Bild ist ein Insel im Port25 – Raum für Gegenwartskunst, Mannheim, und im Schaufenster der Thalia Buchhandlung am Paradeplatz, inmitten der Mannheimer Innenstadt.

Bundestagswahl - Meinungskampf in den Sozialen Medien, 2017, Screenshot © Marc Lee

Eine Frage an Marc Lee

F Du beschäftigst Dich seit Ende der 1990er-Jahre in netzbasierten und netzwerkorientierten Installationen mit dem Austausch von Informationen. Wie hat die rasante Entwicklung des World Wide Web Deine Arbeit seitdem verändert und welche Rolle spielen Bilder dabei?

A Die Entwicklung ist Fluch und Segen zugleich. Als Mensch werden wir immer durchsichtiger, gleichzeitig partizipieren wir an unglaublich viel Wissen und Informationen. Beispielsweise werden täglich mehr als 80 Millionen Bilder alleine auf Instagram gepostet. Dieses Material verwende ich für viele Arbeiten.
In traditioneller Foto- und Videokunst sind es Künstlerkollektive oder KünstlerInnen, die darüber entscheiden, was wir erfahren. Mit User Generated Content erzählen Menschen aus der ganzen Welt Geschichten und erhalten eine Stimme. Damit können unser Leben, unsere Hoffnungen und Wünsche sowie unsere Kulturen global reflektiert werden. Vielleicht besser als dies mit traditioneller Kunst möglich ist. Zudem liebe ich die Flüchtig- und Vergänglichkeit dieser Bilder. Alle paar Minuten entstehen Millionen von neuen Bildern und dieser Prozess ist Sinnbild der Natur aller Dinge.

Bundestagswahl - Meinungskampf in den Sozialen Medien, 2017, Screenshot © Marc Lee