Fragen an Arne Schmitt

Arne Schmitt, Der heiße Frieden

Die Ausstellung Global Players im Kunstverein Ludwigshafen widmet sich den Zusammenhängen von Fotografie, Ökonomie und Globalität. Diese Erzählung beginnt vor Ort, in Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen, zum Zeitpunkt des wirtschaftlichen Aufschwungs der 1950er Jahre, der maßgeblich durch die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte realisiert wurde, vor allem im Rahmen der Gastarbeiterabkommen. In der Ausstellung geben Bilder aus privaten Fotoarchiven Einblicke in die Lebensrealitäten dieser Familien und in die fotografischen Praktiken, die mit ihrer Migration verbunden waren. Innerhalb dieses historischen Settings entwickelte der Künstler Arne Schmitt eine Auftragsarbeit, welche die institutionelle Ebene dieser Mobilisierung und ihre Sichtbarkeit im Stadtbild in den Blick nimmt. Die Kuratorin der Ausstellungen, Kerstin Meincke, hat Fragen an den Künstler gestellt:

Arne Schmitt, Wohnhäuser Dessauer Straße, Ludwigshafen 2017, aus der Serie: Der heiße Frieden , 2017 © Arne Schmitt / VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Fragen an Arne Schmitt

F Im Zentrum deines Projekts steht der in Ludwigshafen ansässige Chemiekonzern BASF, der bis heute größte Arbeitgeber der Region. Welche Rolle spielt die BASF für dich innerhalb des Ausstellungsthemas?

A Als ich las, wie erfolgreich die BASF nach dem Zweiten Weltkrieg begonnen hatte, als global agierender Großkonzern nicht nur eigene Werke und Verkaufsbüros in (fast wörtlich) aller Welt zu gründen, sondern auch andere Firmen aufzukaufen bzw. sich über Aktienkapital an ihnen zu beteiligen, interessierte mich diese sozusagen umgekehrte Bewegung zum Thema der sogenannten Gastarbeit: Die Ludwigshafener Traditionsfirma entsendet eigene Arbeitskraft, Wissen, Produkte und Kapital in die Welt ̶ während gleichzeitig zahlreiche Arbeiterinnen und Arbeiter aus anderen Ländern nach Ludwigshafen kommen. Die verschiedenen firmeneigenen Zeitschriften und Werkzeitungen der BASF geben über diese Bewegung in Bild und Text ausführliche Auskunft, und zwar in einer spezifischen „Rhetorik“. Diese bildet den einen Teil meiner Arbeit: wie formulierte die BASF ihre weltweite Ausdehnung? Wie sah sie fotografisch aus?
Der andere Teil bezieht sich auf die Stadt Ludwigshafen, die sich in dieser Zeit rasant entwickelt hat, unter anderem beeinflusst durch den prägenden Arbeitgeber BASF: die städtebaulichen und architektonischen Hinterlassenschaften der „Wirtschaftswunderzeit“ sind sehr präsent, wenn auch in sehr unterschiedlichen Zuständen. In eigenen Fotografien, die von der Gegenwart ausgehend auf dieses Erbe blicken, will ich einen lokalen Gegenpol zur globalen Aktivität der Firma setzen ̶ eine Montage von auseinanderliegenden Zeiten und Orten.

F Wie gehst du dabei konkret vor?

A Für die Entwicklung meiner Arbeit habe ich erst einmal im Firmenarchiv die verschiedenen Publikationen gesichtet und mich dann auf die BASFinformation konzentriert, die am ehesten der klassischen Magazinkultur der Zeit entspricht. Diese habe ich nach Bildern von Auslandsaktivitäten durchsucht und zunächst sehr viel reproduziert; ein Bilderkonvolut, das dann in einem konzentrierten Auswahlprozess reduziert wurde.
Bei den Bildern, die ich selbst im Stadtraum Ludwigshafens angefertigt habe, interessiert es mich, wie in vielen meiner Arbeiten, eine bestimmte Art von Architektur so zu fotografieren, dass sowohl ihr Entstehungskontext als auch ihr gegenwärtiger Zustand sichtbar werden und in Beziehung aueinander treten. Dabei interessieren mich in Ludwigshafen sowohl innerstädtische Kultur-, Verwaltungs- und Geschäftsbauten der Nachkriegszeit als auch neue Wohnsiedlungen außerhalb des Zentrums.
Am Ende wurden beide Teile ineinandergefügt, ergänzt durch Bildunterschriften und Titel, um so die eigentliche Arbeit zu bilden: wie schon gesagt, ein Montageprozess.

Die Arbeit Der heiße Frieden von Arne Schmitt wurde als Auftragsarbeit für die Biennale für aktuelle Fotografie realisiert und die Exponate mit zusätzlicher Unterstützung von Kontrastlabor, Köln / Passepartout-Werkstatt, Echem / Roggenkamp Bilderrahmen, Gütersloh produziert.

Teil der Ausstellung Global Players. Wie lassen sich Fotografie, Ökonomie und Migration zusammen denken? im Kunstverein Ludwigshafen